Mittwoch, 19. Dezember 2012
Meine Sicht auf die AV Leipzig
Am vergangenen Sonntag fand die Aufstellungsversammlung für die Direktkandidaten der beiden Leipziger Wahlkreise statt. Der KV Leipzig als einladende Gliederung hatte beschlossen, eine gemeinsame AV für beide Wahlkreise durchzuführen. In einem solchen Fall sind nach §21, Abs. 2 BWahlG die Akkreditierten für beide Wahlen stimmberechtigt.

Ich war auf der AV zum Versammlungsleiter gewählt worden. Da es auf der Versammlung selbst wie auch im Nachhinein Unstimmigkeiten gab, die möglicherweise zu einer Anfechtung der Versammlung führen werden, möchte ich hier meine Sicht der Abläufe darstellen.

Bereits bei der Akkreditierung hatten einzelne, erst in den letzten Monaten eingetretene Parteimitglieder angemerkt, dass sie noch ihren Beitrag zu zahlen hätten, wurden aber auf später vertröstet. Tatsächlich begann die Veranstaltung, ohne dass dies geschehen wäre.

Kurz vor Beginn des ersten Wahlganges unterbrach ich die Versammlung für einige Minuten, weil eine ausführlichere Darstellung des Wahlverfahrens auf einem Beamer gefordert wurde. In der dadurch entstehenden Pause entspann sich eine Diskussion, ob alle Anwesenden tatsächlich stimmberechtigt seien, da ja einige noch keinen Beitrag gezahlt hätten. Nun ist die Stimmberechtigung auf einer Aufstellungsversammlung für öffentliche Wahlen nicht an die Zahlung des Mitgliedsbeitrages geknüpft. Jedes volljährige Parteimitglied mit Hauptwohnsitz im entsprechenden Wahlkreis ist - unabhängig vom Zahlungsstatus oder auch laufenden Ordnungsmaßnahmen - auf einer solchen AV stimmberechtigt. Allerdings liegt die Betonung dabei auf Mitglied laut Satzung, wie sich aus §21, Abs. 2, 3 und 5 BWahlG ergibt.

Die Aufnahme von Neumitgliedern ist durch die Bundessatzung geregelt (die Landessatzung verweist darauf). In §3, Abs. 2 stand vor dem BPT in Bochum:

| Über die Aufnahme entscheidet der Vorstand der
| zuständigen Gliederung, so lange die Satzung der
| Gliederung nichts anderes bestimmt. Die Ablehnung des
| Aufnahmeantrags muss dem/der BewerberIn gegenüber
| schriftlich begründet werden.


In Bochum wurde ein weiterer Satz ergänzt:

| Die Mitgliedschaft beginnt nach Annahme des
| Aufnahmeantrages mit der Entrichtung des ersten
| Mitgliedsbeitrages.


Da der KV die Mitgliedsanträge der letzten Monate vor der Aufstellungsversammlung sehr zögerlich bearbeitet hatte, hatten tatsächlich eine ganze Reihe neuer Mitglieder ihren Erstbeitrag noch nicht gezahlt und wären somit - nach der in Bochum eingeführten Satzungsänderung - nicht stimmberechtigt gewesen.

Das wird ersichtlich aus einer Mail des Generalsekretärs des Landesverbandes, Christian Peters, auf der Sachsen-ML vom 18.12.12, 09:48 Uhr:

Mir sind also am 12.12.12 23 Mitglieder mit Aufnahmebeschluss übermittelt worden.
[...]
Nach meiner kleinen Statistik wurden die Anträge wie folgt gestellt (Datum der Antragstellung):
Aug: 1
Sep: 3
Okt: 5
Nov: 8
Dez: 6


Zumindest für diejenigen Neumitglieder, die ihren Antrag erst nach dem BPT in Bochum, also nach dem 25.11.12, abgegeben haben, sollte die Zahlung des Erstbeitrages also notwendig sein, um die Mitgliedschaft in der Partei zu erlangen. Möglicherweise hatten also Nicht-Parteimitglieder an der Aufstellungsversammlung mitgewirkt.

Nach kurzer Diskussion beschlossen wir daher in Leipzig, die Versammlung sicherheitshalber komplett neu aufzurollen. Es fand eine erneute Akkreditierung statt. Denjenigen, die ihren Erstbeitrag noch nicht gezahlt hatten, wurde Gelegenheit gegeben, das nachzuholen. Anschließend wurde die Versammlung im Schnelldurchlauf noch einmal wiederholt, einschließlich der Neuwahl der Versammlungsämter, Abstimmung einiger GO-Anträge, Eröffnung der Kandidatenliste etc. Es kam sogar ein weiterer Kandidat hinzu, der verspätet am Versammlungsort eingetroffen war. Auch die meisten der neuen Mitglieder stimmten mit ab.

Die Wahl im Wahlkreis 153 Leipzig II fiel auf Matthias Fitzke; aus der anschließenden Wahl für den Wahlkreis 152 Leipzig I ging Thomas Walter als Sieger hervor.
Die beiden Zeugen und ich als Versammlungsleiter bestätigten anschließend den ordnungsgemäßen Verlauf der Wahlen per Unterschrift.

Im Nachhinein wurden nun noch einmal die Stimmberechtigung einiger Anwesender angezweifelt, allerdings aus einem anderen Grund als der nicht erfolgten Erstzahlung. Wie oben bereits ausgeführt, verlangt die Bundessatzung eine Aufnahme durch die unterste Gliederung - im vorliegenden Fall der KV Leipzig.
Es gibt allerdings Zweifel, ob tatsächlich ein gültiger Beschluss des Kreisvorstandes Leipzig zur Aufnahme der neuen Mitglieder vorliegt. Zumindest stammt das letzte Protokoll einer Vorstandssitzung des KVor Leipzig im Wiki vom 30.8.2012. Sollte es zutreffen, dass es keinen gültigen Beschluss des Kreisvorstandes zur Aufnahme der Neumitglieder gibt, wären diese zum Zeitpunkt der Aufstellungsversammlung formell keine Parteimitglieder und damit auch nicht stimmberechtigt gewesen. Das war zwar für die Versammlungsleitung und die Zeugen auf der AV selbst nicht erkennbar; nichtsdestotrotz hätten wir jetzt die Situation, dass Nichtmitglieder bei einer Aufstellungsversammlung mitgewirkt hätten.

Nach meinem Dafürhalten führt das zur Anfechtbarkeit der Versammlung. Sollten sich die derzeitigen Annahmen über das Fehlen eines gültigen Aufnahmebeschlusses bewahrheiten, werden wir in Leipzig wohl neu wählen müssen.
Ich gehe davon aus, dass wir in Kürze mehr dazu vom Landesschiedsgericht erfahren werden.


Update 19.12.12:
Das Protokoll der Veranstaltung ist unter http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/8/83/AV_Leipzig.pdf einzusehen.

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